Geschichte des Rotweins: Die Wurzeln des Weins

Die Geschichte des Rotweins

Einleitung:

Die Geschichte des Rotweins ist so alt wie die Zivilisation selbst. Schon die Entstehungsgeschichte vom Rotwein reicht viele Jahrtausende zurück und ist eng mit der Kulturgeschichte der Menschheit verwoben. Von den ersten wild fermentierten Traubensäften in der Vorzeit bis zum edlen Tropfen im Weinglas von heute spannt sich ein gewaltiger Bogen. Dieser Blogartikel nimmt Sie mit auf eine Zeitreise: lebendig und fesselnd erzählen wir, wie sich der Rotwein über Jahrtausende entwickelt hat – von den frühesten archäologischen Funden über die antiken Hochkulturen bis in die Moderne. Begleiten Sie uns auf den Spuren des Weins durch die Geschichte, vorbei an legendären Weinen wie dem Chian-Wein, über römische Weinstraßen, durch die Weinkeller mittelalterlicher Klöster bis hin zum Aufstieg des Rotweins in der Neuen Welt. Zum Abschluss wagen wir einen Ausblick auf die Zukunft dieses uralten Kulturgetränks.

Die ersten Spuren des Weins – Ein Getränk wird entdeckt

Stellen Sie sich vor: Wir befinden uns etwa 8.000 Jahre in der Vergangenheit im Gebiet des heutigen Georgien. In einfachen Tonkrügen gärt zufällig vergorener Traubensaft – der erste Wein der Geschichte entsteht. Archäologische Funde belegen, dass bereits um 6000 v. Chr. Menschen Wein herstellten. Im Kaukasus und im alten Mesopotamien experimentierten unsere Vorfahren damit, den Saft wild wachsender Weinreben zu vergären. Eine persische Legende erzählt gar von König Jamshid: Eine verbannte Prinzessin soll aus Verzweiflung vergorenen Traubensaft aus einem als „Gift“ markierten Krug getrunken haben. Statt zu sterben, erhellte sich ihr Gemüt – die wundersame Entdeckung des Weins war gemacht, und der König ließ fortan alle Trauben für Rotwein keltern. Ob Legende oder Wahrheit, sicher ist: Die Menschen der Jungsteinzeit lernten schnell, dass vergorener Traubensaft nicht nur genießbar, sondern auch genussvoll war. In den folgenden Jahrtausenden verbreitete sich die Weinherstellung rasant. Im Alten Orient – etwa im heutigen Iran und im Libanon – fand man Überreste früher Weinkelteranlagen. Wein wurde bald mehr als nur ein Zufallsprodukt: Es wurde zum begehrten Gut, das man lagerte, handelstechnisch nutzte und rituell einsetzte. Bereits um 3000 v. Chr. liebten die Ägypter den Wein. In den Gräbern der Pharaonen entdeckten Archäologen Weinkrüge mit Hieroglyphen, die Jahrgang, Winzer und Qualität angaben – quasi die ersten Wein-Etiketten der Geschichte. Ägyptischer Rotwein war überwiegend den Königen und Priestern vorbehalten und spielte eine wichtige Rolle in religiösen Zeremonien. Weil sein tiefroter Farbton an Blut erinnerte, rankten sich sogar mystische Vorstellungen um den Wein: Man glaubte, er habe eine besondere Lebenskraft. So legten die Ägypter nicht nur Brot, sondern auch Wein für die Reise ins Jenseits in die Grabkammern.

Frühe Hochkulturen: Ägypten, Phönizien und die Verbreitung des Weins

Während die Ägypter am Nil Wein anbauten, waren es vor allem die Phönizier, die den Wein über weite Entfernungen verbreiteten. Dieses seefahrende Volk aus dem östlichen Mittelmeer (im Gebiet des heutigen Libanon) gilt als einer der großen Weinhandelspioniere. Phönizische Händler verschifften Wein in Tonamphoren quer durch das Mittelmeer und gründeten Handelskolonien, in denen sie Rebstöcke pflanzten. So gelangte der Weinbau schon früh nach Nordafrika und auf die iberische Halbinsel. Archäologen fanden beispielsweise in der phönizischen Hafenstadt Sidon eine gut erhaltene antike Kelteranlage – ein Hinweis darauf, dass Wein bereits um 1500 v. Chr. in großem Stil für den Export produziert wurde. Auch in Mesopotamien (dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris) kannte man Wein, doch dort blieb er wegen des heißen Klimas ein Luxusgut, das vor allem die Elite genoss. Aus dem Alten Orient stammen zudem die ältesten uns überlieferten Wein-Rezepte und -Mythen. Weingötter und -göttinnen tauchen in den Religionen Mesopotamiens und Kanaans auf, was zeigt, welch hohen kulturellen Stellenwert der Wein schon in frühen Hochkulturen hatte.

Das klassische Altertum: Griechenland und der erste „Rotwein“

In der griechischen Antike wurde der Wein endgültig zum Kulturgut. Griechenland übernahm von den Phöniziern nicht nur Rebstöcke, sondern auch die Begeisterung für das edle Getränk. Die Griechen pflegten eine regelrechte Weinkultur: Bei ihren berühmten Symposien (Trinkgelagen) mischten sie Wein mit Wasser und philosophierten stundenlang. Sie verehrten mit Dionysos sogar einen eigenen Weingott, was zeigt, wie zentral der Wein im täglichen und spirituellen Leben war. Besonders Rotwein schätzten sie sehr – allerdings nannten sie ihn wegen seiner dunklen Farbe „schwarzer Wein“. Ein herausragendes Beispiel aus dieser Zeit ist der Chian-Wein von der Insel Chios. Dieser gilt als einer der ersten berühmten Rotweine der Weltgeschichte. Schon im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde der rote Chian-Wein in Amphoren abgefüllt und in großen Mengen ins antike Athen exportiert. Die feinen Herrschaften Athens bezahlten hohe Summen für diesen begehrten Tropfen, und Dichter wie Hermipp lobten seinen Geschmack. Der Chian-Wein war so bekannt, dass später römische Autoren wie Plinius und Galen ihn noch als einen der besten Weine überhaupt erwähnten. Man kann sich vorstellen, wie in den Tavernen Athens Krüge des dunklen Weins kreisten, während Philosophen debattierten – die Geschichte des Rotweins erhielt hier eines ihrer ersten legendären Kapitel. Doch Griechenland kannte nicht nur Chios: In vielen Regionen der Ägäis und auf dem Festland gab es Weinbau. Thrakien (im heutigen Bulgarien) etwa galt manchen antiken Autoren als Ursprungsland des Weins. Sicher ist, dass die griechischen Kolonisten den Weinbau weitertrugen, als sie Städte in Süditalien, Südfrankreich (Massalia – das heutige Marseille) und anderswo gründeten. So bereiteten die Griechen den Boden für Europas Weinkultur, indem sie Reben und Wissen weit verbreiteten.

Geschichte des Weins aus Griechenland

Imperium Romanum: Römischer Wein und globaler Handel

Kaum ein Volk hat die Verbreitung des Weins so vorangetrieben wie die Römer. Im Römischen Reich wurde Wein vom Luxusgut zum Massengetränk – ein entscheidender Meilenstein in der Entwicklung des Rotweins. Die Römer liebten ihren „vinum“ heiß und innig; er gehörte zum täglichen Leben wie Brot und Olivenöl. Vom einfachen Legionär bis zum Kaiser – Wein trank man in allen Gesellschaftsschichten, oft verdünnt mit Wasser oder gewürzt mit Honig und Kräutern. Mit der Expansion Roms gelangten Weinreben in nahezu jeden Winkel Europas: Frankreich, Spanien, Portugal, Deutschland und sogar nach England brachten die Römer den Weinbau. Die heute berühmtesten Weinregionen Europas – Bordeaux, Burgund, Rhône, Rioja, Toskana und viele mehr – haben ihre Wurzeln in römischer Zeit, denn die Römer erkannten, wo die Reben am besten gediehen, und legten dort Weinberge an. Der römische Weinhandel war erstaunlich gut organisiert und weitreichend. In eigens produzierten Tonamphoren transportierte man Rot- und Weißweine über Land und Meer. Riesige Handelsschiffe mit Tausenden von Litern Wein segelten über das Mittelmeer, um die Provinzen zu versorgen. Archäologische Funde wie der Monte Testaccio in Rom – ein Hügel bestehend aus Millionen zerbrochener Amphoren – zeugen vom gigantischen Weinkonsum und -handel der Römer. Sie verschifften etwa Wein aus Gallien (Frankreich) bis nach Rom oder exportierten italienischen Wein zu den germanischen Stämmen. So wurde Rotwein in der Antike zu einem regelrechten Exportschlager. Qualitativ unterschied man bei den Römern feine und einfache Tropfen. Edle Lagen am Vesuv (der Falernische Wein aus Kampanien war legendär) oder importierte griechische Weine wie der Chian-Wein waren hochgeschätzt und bei reichen Römern sehr teuer. Doch selbst einfache Bauern tranken ihren lokal gekelterten Roten. Erstmals in der Geschichte konnte man also sagen: Wein – und damit Rotwein – war für jedermann verfügbar. Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. brach zwar vieles zusammen, doch der Wein überdauerte – dank einer ganz bestimmten Institution.

Römischer Weinbau - Rotwein Geschichte

Mittelalter: Klöster, Könige und die Bewahrung der Weinkultur

Im Mittelalter trat die Kirche das Erbe der römischen Weintradition an. Für die Feier der Messe benötigte die Katholische Kirche Wein, und so sorgten Mönche in ganz Europa dafür, dass Weinreben gepflegt und Weine gekeltert wurden. Besonders die Benediktiner und später die Zisterzienser machten sich einen Namen als hervorragende Winzer. In den Klöstern entstanden wahre Weinzentren: Die Mönche experimentierten mit Rebsorten, verbesserten die Kellertechnik und schrieben ihre Erkenntnisse akribisch auf. Berühmte Weinlagen wie der Clos de Vougeot in Burgund gehen auf klösterliche Weinberge zurück. Auch in Deutschland pflanzten Zisterziensermönche Wein, etwa im Rheingau (Kloster Eberbach) und an der Mosel. Im 12. und 13. Jahrhundert legten die Mönche so den Grundstein für viele der heutigen Spitzenweingüter Europas. Doch nicht nur Klöster prägten die Weinkultur. Könige und Adel wussten den Rotwein ebenso zu schätzen. In Frankreich entwickelten sich edle Tropfen zu Symbolen für Macht und Reichtum – man denke an die Weine von Bordeaux und Burgund, die auf fürstlichen Tafeln serviert wurden. Interessanterweise spielte im mittelalterlichen Bordeaux England eine große Rolle: Durch die Heirat von Eleonore von Aquitanien mit dem englischen König Henry II. kam das Gebiet Aquitanien (mit Bordeaux) unter englische Krone. Plötzlich floss Bordeauxwein in Strömen auf die britischen Inseln. Englische Kaufleute verschifften rosigen „Claret“ (klaren Rotwein) über den Kanal, und bis ins 15. Jahrhundert war Bordeauxwein in London fast so alltäglich wie Ale. Diese frühe Globalisierung des Weins festigte den Ruf Frankreichs als das Weinland – ein Status, den es bis heute bewahrt. Im Alltag des Mittelalters war Wein in Südeuropa ein gängiges Getränk für Jung und Alt, da Wasser oft verunreinigt war. In nördlicheren Regionen Europas blieb Wein hingegen teuer; dort trank die Landbevölkerung eher Bier, und Wein war dem Adel vorbehalten. Dennoch legten auch kühlere Gegenden nach: Im Burgund wurden gegen Ende des Mittelalters rote Rebsorten wie Pinot Noir heimisch, und in Spanien und Italien florierte der Weinbau trotz mancher Rückschläge (etwa der maurischen Herrschaft in Spanien, unter der Weinbau zwar geduldet, aber eingeschränkt war). Insgesamt überstand der Rotwein alle Wirren – von Völkerwanderungen bis zu Kriegen – und trat am Beginn der Neuzeit seinen Siegeszug in noch fernere Länder an.

Frankreich, Spanien und Italien – Die Wiege des modernen Rotweins

Mit der frühen Neuzeit (ca. 16. bis 18. Jahrhundert) rückten drei Länder besonders in den Vordergrund, wenn es um Wein – speziell Rotwein – ging: Frankreich, Spanien und Italien. Diese klassischen Weinländer prägten die Weinkultur der Moderne in unvergleichlicher Weise. Frankreich entwickelte sich zum Vorreiter in Sachen Qualität und Weinstil. In Bordeaux, dem Bordelais, perfektionierten Winzer über Jahrhunderte die Kunst des Cuvées (Verschnitt verschiedener Rebsorten) – so entstanden berühmte Rotweine auf Basis von Cabernet Sauvignon und Merlot, die bis heute Maßstäbe setzen. Gleichzeitig kultivierte man im Burgund die Pinot-Noir-Traube zur Perfektion und schuf samtige Rotweine, die an den Höfen Europas heiß begehrt waren. Im 19. Jahrhundert führte Frankreich auch ein Klassifizierungssystem ein (1855 wurden die Bordeaux-Weingüter offiziell in Klassen eingeteilt), was dem Ruf seiner Weine weltweit einen weiteren Schub gab. Französischer Rotwein stand synonym für Genuss und Lebensart – der Begriff Terroir (der Einfluss von Boden und Klima auf den Wein) wurde zum Leitmotiv der Franzosen und inspirierte Winzer rund um den Globus. Spanien blickte ebenfalls auf eine lange Weintradition zurück, die bis in die Römerzeit reichte. In der Neuzeit holte Spanien jedoch besonders auf: Regionen wie Rioja und Ribera del Duero begannen im 19. Jahrhundert qualitativ zu glänzen, teils mit Hilfe französischer Winzer, die während der Reblauskrise vorübergehend nach Spanien auswichen und dort ihr Know-how einbrachten. Spanischer Rotwein – man denke an den Tempranillo aus Rioja – fand internationalen Anklang. Zudem besaß Spanien durch seine Kolonialgeschichte eine einzigartige Rolle: Spanische Konquistadoren hatten bereits im 16. Jahrhundert die ersten Rebstöcke nach Amerika gebracht (dazu später mehr). So war Spanien das Sprungbrett, von dem aus der Rotwein die Neue Welt eroberte. Auch Sherry und Portwein (obwohl Port portugiesisch ist, arbeitete man eng mit britischen Händlern zusammen) zeugen vom Innovationsgeist der iberischen Winzer. Italien schließlich darf nicht vergessen werden, hatte es doch als Kernland des Römischen Reiches die älteste Weinbautradition von allen. Nach dem Mittelalter erlebte italienischer Rotwein ab dem 18. Jahrhundert eine Renaissance. In der Toskana definierte man die Region Chianti schon 1716 per Edikt – eine der ersten geschützten Herkunftsbezeichnungen der Welt – was die Qualität der dortigen Sangiovese-Weine förderte. Im Piemont entstanden im 19. Jahrhundert große Rotweine wie Barolo und Barbaresco aus der Nebbiolo-Traube, die Adelshäuser in ganz Europa beeindruckten. Italien vereinte im 19. und 20. Jahrhundert Tradition und Innovation: von rustikalen Landweinen bis zu hochkomplexen Gewächsen war alles dabei. Heute gehören Brunello, Amarone & Co. zur Weltspitze, aber ihren Grundstein legten Italiens Winzer in jener Epoche, in der sie alte Techniken verfeinerten und neue Wege beschritten. Ein dunkles Kapitel traf allerdings alle drei Weinländer (und darüber hinaus) im 19. Jahrhundert: die Reblaus-Katastrophe. Ein winziger aus Amerika eingeschleppter Reblause-Parasit vernichtete ab den 1860er Jahren Millionen von Rebstöcken in Europa. Frankreichs und auch Spaniens und Italiens Weinindustrie lagen am Boden. Doch die Krise führte zu einer internationalen Zusammenarbeit: Man entdeckte, dass amerikanische Reben gegen die Reblaus resistent waren. Kurzerhand begann man, die edlen europäischen Rebsorten auf amerikanische Wurzeln zu pfropfen – eine Technik, die bis heute Standard ist. So retteten gewissermaßen Neue-Welt-Reben die alten Weinländer. Nach einigen schweren Jahrzehnten erholten sich die Weinberge in Frankreich, Spanien und Italien und kamen kräftiger zurück als je zuvor, mit verbesserter Qualität und neuem wissenschaftlichem Verständnis im Weinbau. Nun war die Bühne bereitet, dass der Rotwein sich endgültig weltweit verbreiten konnte.

Die Neue Welt: Rotwein erobert den Globus

Ab dem 16. Jahrhundert begann der Aufstieg des Rotweins in der Neuen Welt. Wo immer Europäer neue Länder besiedelten, pflanzten sie ihre geliebten Reben an. Spanische Missionare und Siedler brachten um 1520 die ersten Weinreben nach Lateinamerika – zunächst nach Mexiko, dann weiter nach Peru, Chile und Argentinien. In den sonnigen Andenländern gediehen die europäischen Rebsorten prächtig: Schon im 17. Jahrhundert produzierten peruanische und mexikanische Weingüter so viel Wein, dass die spanische Krone zeitweise einen Produktionsstopp verhängte, um ihre heimischen Winzer vor der kolonialen Konkurrenz zu schützen. Dennoch ließen sich Wein und Rotwein in der Neuen Welt nicht aufhalten. In Chile und Argentinien legten Einwanderer aus Spanien, Italien und Frankreich im 19. Jahrhundert den Grundstein für bis heute berühmte Rotweine (etwa Malbec in Argentinien, der ursprünglich aus Frankreich kam, oder Carmenère in Chile). Auch Nordamerika schrieb Weingeschichte: Bereits im 18. Jahrhundert pflanzten spanische Franziskanermönche in Kalifornien Wein an (die Missionarsrebe „Mission Grape“ ist ein Erbe dieser Zeit). Doch der große Schub kam mit europäischen Auswanderern im 19. Jahrhundert, die in Kalifornien sowie an der US-Ostküste Rebstöcke setzten. Zwar machten anfänglich die amerikanischen Wildreben und Krankheiten den europäischen Sorten zu schaffen, aber hartnäckige Pioniere wie Agoston Haraszthy (ein ungarischer Einwanderer) führten hochwertige Vitis-vinifera-Reben in Kalifornien ein. Im 20. Jahrhundert verlagerten sich die kalifornischen Weinbauzentren vom südl. Kalifornien ins Napa Valley und Sonoma im Norden, wo Cabernet Sauvignon, Zinfandel (eine aus Kroatien stammende Rotweinsorte) und andere Trauben Weltklasseweine hervorbringen sollten. Neben Amerika entdeckten auch andere „Neue Welt“-Regionen den Rotwein. Südafrika erhielt seine ersten Weinreben schon 1659 durch niederländische Siedler am Kap der Guten Hoffnung. Australien folgte ab 1788, als britische Kolonisten nahe Sydney Weingärten anlegten – später wanderten deutsche Siedler ins Barossa Valley ein und begründeten Australiens Ruf für kräftige Shiraz-Weine. Neuseeland und sogar China und Japan kamen im 19. und 20. Jahrhundert dazu. So entstand ein globales Mosaik an Weinbauländern, die jeweils ihren eigenen Stil entwickelten. Lange Zeit galten die Rotweine der Neuen Welt zwar als ordentlich, aber nicht auf Augenhöhe mit europäischen Gewächsen. Doch dieses Bild änderte sich spätestens 1976, als in Paris eine denkwürdige Blindverkostung stattfand: Bei diesem als Judgment of Paris bekannt gewordenen Wettbewerb schlugen kalifornische Cabernet-Sauvignon- und Chardonnay-Weine völlig überraschend die Crème de la Crème der Bordeaux- und Burgunderweine. Die Weinwelt war verblüfft – und plötzlich waren Neuwelt-Rotweine in aller Munde. Von da an holten Länder wie die USA, Chile, Australien und Südafrika qualitativ rasant auf. Heute gewinnen kalifornische und australische Rotweine internationale Preise, argentinischer Malbec und chilenischer Cabernet stehen auf Weinkarten weltweit und Weintrinker freuen sich über die schiere Vielfalt an Stilen und Aromen aus allen Ecken des Planeten.

Rotweingenuss heute – Tradition trifft Vielfalt

Nach dieser langen Reise durch die Zeit sind wir in der Gegenwart angekommen: Der Weingenuss heute ist so vielfältig und zugänglich wie nie zuvor. Rotwein ist kein elitäres Luxusgut mehr, sondern ein Kulturgut, das Menschen rund um den Globus miteinander verbindet. Ob ein kräftiger französischer Bordeaux, ein eleganter italienischer Barolo, ein feuriger spanischer Rioja oder ein fruchtiger australischer Shiraz – die Auswahl ist riesig und für jeden Gaumen findet sich der passende Wein. Dank moderner Technik und Wissen werden heute Weine mit großer Präzision gekeltert, ohne die jahrhundertealte Tradition zu verlieren. Winzer kombinieren modernste Kellertechnik (etwa temperaturkontrollierte Gärung oder neue Holzfass-Arten) mit dem überlieferten Know-how ihrer Vorfahren. Gleichzeitig besinnen sich viele Genießer wieder auf den Ursprung: Man schätzt handwerklich hergestellte Weine, alte Rebsorten werden neu entdeckt, und Begriffe wie Terroir oder Naturwein sind in aller Munde. Wein ist längst nicht mehr nur Franzosen, Spaniern oder Italienern vorbehalten – Weingenuss heute bedeutet, eine Weinreise im eigenen Wohnzimmer machen zu können. Man kann mit ein paar Klicks Weine aus der ganzen Welt bestellen (etwa im Onlineshop Ihres Vertrauens) und sich so die Schätze ferner Weinberge nach Hause holen. Bei einem guten Glas Rotwein können wir uns bewusst machen, dass wir an einer uralten Tradition teilhaben – jeder Schluck erzählt von seiner Herkunft und von den Menschen, die ihn geschaffen haben.

Rotwein im Wandel der Zeit

Ausblick: Die Zukunft des Rotweins

Wie geht es weiter mit diesem uralten Getränk? So reich die Geschichte des Rotweins ist, so spannend gestaltet sich seine Zukunft. Eines der Schlagworte für die kommenden Jahrzehnte heißt Klimawandel: Steigende Temperaturen verändern bereits jetzt die Weinlandschaft. Traditionelle Weinregionen wie Bordeaux oder die Toskana experimentieren mit hitzeresistenteren Rebsorten, während in kühleren Gegenden plötzlich Rotweine an Qualität gewinnen – man denke an englischen Sekt oder skandinavischen Weinbau, der vor einigen Jahren noch undenkbar war. Möglicherweise werden wir in Zukunft vermehrt exzellente Rotweine aus Ländern probieren, die bislang kaum auf der Weinkarte standen, zum Beispiel aus Kanada, China oder sogar aus nördlichen Regionen Deutschlands, wo rote Rebsorten durch mildere Klimabedingungen besser reifen. Auch Innovation und Nachhaltigkeit prägen den Ausblick. Winzer setzen auf umweltschonende Methoden, biologische und biodynamische Weinberge liegen im Trend – vielleicht wird der Rotwein der Zukunft etwas weniger Ertrag, dafür mehr Charakter haben, gewachsen in Einklang mit der Natur. Technologische Fortschritte, von präziser Wetterdaten-Analyse bis zu KI-gestützter Lesezeitpunkt-Bestimmung, könnten die Qualität weiter steigern. Dennoch bleibt Weinbau auch in Zukunft eine Kunst, keine exakte Wissenschaft – der Zauber jedes Jahrgangs mit seinen Unwägbarkeiten wird bleiben. Zudem wächst die weltweite Gemeinschaft der Weinliebhaber. Junge Generationen interessieren sich wieder verstärkt für Wein, gründen eigene Kellereien oder pflegen alte Weinberge. Neue Weinmärkte entstehen in Asien und Afrika, was den kulturellen Austausch fördert – Rotwein als verbindendes Element zwischen Menschen und Kontinenten. Die Geschichte des Rotweins ist also noch lange nicht am Ende geschrieben. Vom georgischen Tonkrug der Jungsteinzeit bis zur hightech-gesteuerten Kellerei des 21. Jahrhunderts zieht sich ein faszinierender roter Faden. Eines hat sich dabei nicht geändert: Rotwein bleibt ein Symbol für Genuss, Geselligkeit und die Fähigkeit des Menschen, aus einfachen Früchten etwas Wundervolles zu erschaffen. Freuen wir uns also auf die nächsten Kapitel dieser Erfolgsgeschichte – die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Wein stets mit der Zeit gegangen ist, ohne seine Wurzeln zu vergessen.

In diesem Sinne: Auf die Zukunft des Rotweins, möge sie so reich und erfüllend sein wie seine lange Geschichte!