Oliver Zeter: „Mr. Sauvignon“ im Interview
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Jochen Mössner
- MAGAZIN
- 18.12.2024

Lieber Oliver, dein Vater hat 1987 eine äußerst erfolgreiche Weinagentur gegründet, die dein Bruder bis heute mit großem Erfolg betreibt. War diese Familiengeschichte für dich der ausschlaggebende Grund, eine Ausbildung zum Weinküfer zu absolvieren?
Die Entscheidung, eine Winzerlehre zu beginnen, fiel nicht aufgrund der Familiengeschichte, sondern vielmehr, weil meine damaligen schlechten schulischen Leistungen kaum eine andere Wahl ließen. Bereits nach einem halben Jahr erkannte ich jedoch, wie viel Freude mir die Arbeit bereitete, also schloss ich die Ausbildung erfolgreich ab und erwarb anschließend auch den Titel des Weinbautechnikers.
Nach deinen Wanderjahren, unter anderem in Südafrika, bist du mit der Idee nach Deutschland zurückgekehrt, deinen eigenen Wein zu machen. Dabei hattest du schnell eine klare Vision, mit welcher Rebsorte du starten wolltest: Sauvignon Blanc. Warum fiel deine Wahl gerade auf diese Rebsorte?
Ich war schon in den Jahren zuvor von der Rebsorte begeistert, allerdings nahm meine Reise einen Umweg. Während ich von 1992 bis 2003 in Hamburg in der Agentur tätig war, ließ mich Südafrika nie ganz los. Immer wieder stellte ich mir die Frage: 'Was wäre, wenn?' Schon damals, als ich in Constantia auf einem Weingut arbeitete, das für seinen herausragenden Sauvignon Blanc bekannt war, keimte die Idee in mir. Dort wurde der Grundstein gelegt. Durch weitere Reisen in verschiedene Weinanbaugebiete konnte ich wertvolle Eindrücke und Inspirationen sammeln, die mich bis heute prägen.
Bereits dein erster Sauvignon Blanc aus dem Jahrgang 2007 sorgte für Aufsehen. Damals hattest du noch kein eigenes Weingut und hast stattdessen den Keller eines befreundeten Weinguts genutzt. Warst du von diesem Erfolg überrascht, oder hast du ihn als logische Konsequenz deiner Arbeit gesehen?
Nachdem ich alles durchgemacht hatte, was die Landwirtschaft im Weinbau so an Albträumen bereithält – von Spät- und Frühfrösten über Hasenfraß bis hin zu Pilzkrankheiten – war 2007 schließlich das Jahr, in dem ich nach langem Warten endlich ernten konnte. Ich war damals froh und glücklich. Naiv, aber voller Tatendrang, ging ich die Sache damals an. Der erste große Abnehmer war die Sansibar, die fast alles abnahm, was ich produziert hatte. Es ist für mich bis heute ein unbeschreiblich schönes Gefühl, Wein zu produzieren, der für andere Menschen ein Genussmittel wird. Und hier kommt der Vergleich zu dir: Vielleicht ist es wie das Grillen und Kochen für andere – etwas zuzubereiten, das den anderen Freude bereitet.
Heute wirst du oft als „Sauvignon-Blanc-Papst Deutschlands“ bezeichnet, und dein Portfolio zeigt die Vielseitigkeit dieser Rebsorte, bis hin zu Schaumweinen. Ist das für dich ein Kompliment, oder stört es dich, dass du in der breiten Öffentlichkeit häufig auf den Sauvignon Blanc reduziert wirst?
Ich sehe den Titel als Kompliment – für mich ist es eine Art Auszeichnung, dass ich mich mit der Rebsorte so gut auskenne. Es ist weniger ein persönlicher Titel, sondern vielmehr eine Anerkennung meiner Produkte. Es ist ähnlich wie in Deutschland, wenn man jemanden fragt, wer hier bekannt für Pinot Noir ist – da fällt auch der Name des Weinguts Fritz Becker, obwohl sie viel mehr produzieren als nur Pinot Noir. Unser Portfolio wird stetig größer und seriöser, anstatt kleiner.
Dass dein Talent weit über den Sauvignon hinausgeht, hast du mit zahlreichen Auszeichnungen bewiesen. Zuletzt wurde dein 2022er La Syrah in der Kategorie „Anderer Rotwein“ von der Fachzeitschrift Vinum mit dem ersten Preis prämiert. Unter Weinkennern wird dieser Wein als der „pfälzische Côte Rôtie“ bezeichnet. Kannst du dich mit dieser Einschätzung identifizieren? Was macht den La Syrah so besonders?
Es stimmt, dass wir weit mehr Kompetenzen besitzen als "nur" Sauvignon Blanc. Der Ehrgeiz treibt mein Team, die mich in jeder Hinsicht unterstützen, und mich an. Wie sage ich immer: "Weinmachen ist Teamsport." Wenn jeder anpackt, entstehen großartige Ergebnisse. Die Auszeichnung mit dem La Syrah hat mich sehr geehrt. Der Wein folgt stilistisch schon eher der Richtung Côte Rôtie, denn es war stets das Ziel, einen Syrah und niemals einen Shiraz zu produzieren. Der Name "La Syrah" wurde gewählt, weil der Wein sehr fein und filigran ist. "La" steht in Frankreich für Weiblichkeit, was die zarte Eleganz des Weins widerspiegelt.
Mit einer Produktion von weniger als 1000 Flaschen ist die Nachfrage nach diesem Wein enorm. Könnte die Syrah Reserve eine Alternative sein, oder unterscheiden sich die beiden Weine stilistisch zu stark?
Die Syrah Réserve folgt stilistisch derselben Richtung wie der La Syrah und ist ähnlich ausgebaut. Ich nenne ihn den kleinen Bruder des La Syrah – jedoch wurde er nicht mehr in 228-Liter-Fässern, sondern in 500-Liter-Fässern der Firma Butt ausgebaut. Ich bin begeistert von diesem Wein und halte ihn für hervorragend gelungen. Wie auch Rainer Schönfeld es geschrieben hat: Der Wein ist jeden Cent wert. Auch von diesem Wein wurden nur wenige Flaschen produziert, etwa 1500 bis 1800, da wir ausschließlich die besten Trauben verwendet haben.
Du hast dich schon vor Jahren entschieden, Rebflächen mit Chenin Blanc und Viognier zu bestocken – ein Schritt, der dich einmal mehr als Vorreiter auszeichnet. Was war damals der Anstoß? War das eine Reaktion auf den Klimawandel oder eine Inspiration aus deinen Erfahrungen in Südafrika?
Ich habe mich schon vor Jahren entschieden, Chenin Blanc und Viognier anzupflanzen. Der Viognier wurde damals gleichzeitig mit Sauvignon Blanc angebaut, also begann ich mit dieser Rebsorte im Jahr 2007. Der Grund war nicht Südafrika, sondern die Faszination für die Sorte, die mich damals gepackt hat. Es war ein Viognier aus dem Piemont, der mir so gut gefiel und dem Viognier aus dem Condrieu ähnelte. Damit trat ich in den 'Kampf', denn Viognier ist nicht immer einfach anzubauen – die Rebe hat einen sehr hohen Ertrag. Doch ich war wieder von Naivität und einer echten Leidenschaft für die Rebsorte getrieben. Es war ein französischer Impuls, der sich bis heute im Portfolio widerspiegelt.
Wie siehst du allgemein die Zukunft des Weinbaus in der Pfalz, speziell in Bezug auf den Rebsortenspiegel? Könnte es der Riesling in Zukunft schwerer haben? Werden wir verstärkt PIWIs oder anpassungsfähige Sorten wie Chenin Blanc in den Weinbergen sehen?
Es ist weniger eine hypothetische Überlegung, sondern eher eine Sorge um die wirtschaftliche Lage. Ich glaube, dass der Konsumrückgang und die wachsende Tendenz, weniger Alkohol zu konsumieren, ein ernstes Problem darstellt. Diese Herausforderungen ziehen sich durch die Branche. Natürlich ist auch der Klimawandel ein Thema. Viele denken, es liegt nur an der steigenden Wärme, aber auch der immer häufigere und stärkere Niederschlag stellt eine Herausforderung dar. Ob PIWI-Sorten die Lösung für all diese Probleme bieten, wird sich noch zeigen. Was jedoch verschwinden wird, sind Rebsorten wie Portugieser und Müller-Thurgau – aber auch das wird man hinnehmen müssen.
Diesen Sommer hast du uns mit zwei bemerkenswerten weißen Bordeaux-Cuvées überrascht, darunter der Zahir Blanc, der sich durchaus mit den großen Weißweinen des Bordelais messen kann. Woher nimmst du nach all den Jahren noch diese unerschöpfliche Inspiration? Was treibt dich an?
Die Inspiration ist immer da. Ich trage einen Rucksack voller Ideen, die noch für die nächsten 50 Jahre oder sogar für ein weiteres Weingut reichen könnten. Wie ein Koch in der Küche, dem nie die Lust am Vorwärtstreiben ausgeht. Wäre ich nicht ab und zu etwas gebremst, hätte ich wahrscheinlich schon längst einen Gamay im Portfolio- aber irgendwann wäre auch mal Schluss. Sémillon ist dahingehend eine Rebsorte, die hervorragend funktioniert. Zwei tolle Lagen wurden damit bepflanzt, auf sehr mineralischen Böden, die ideale Bedingungen für den Sémillon bieten. Insgesamt habe ich aber nur 0,4 Hektar damit bepflanzt. Es bleibt abzuwarten, was die Rebsorte dort so bringt.
Dein neuestes Projekt ist eine spannende Cuvée aus Chenin Blanc und Sauvignon Blanc, die im Stückfass reifen durfte. Als ich den Wein verkosten durfte, hat mich seine straffe, frische Art sofort begeistert – ohne überbordende Aromatik, dafür mit subtiler Frucht und feiner Kräuterwürze. Gibt es bereits neue Ideen, oder bleibt das vorerst unter Verschluss?
Natürlich gibt es bald wieder etwas Neues. Den Chenin Blanc und Sauvignon Blanc bieten wir derzeit nur unseren Partnerhändlern an. Aber ja, es gibt eine neue Idee, die uns intern gerade beschäftigt. Doch das ist noch in der Schwebe und wird vorerst geheim gehalten.
Vielen Dank für deine Zeit, lieber Oliver! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder – vielleicht auf einen Schoppen in der Pfalz oder beim Grillen auf meiner Terrasse.