Die Milchsäuregärung im Weinbau
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Jochen Mössner
- MAGAZIN
- 17.01.2025

Die Milchsäuregärung im Weinbau: Ein wichtiger Schritt zur Reife
Die Milchsäuregärung, auch malolaktische Gärung (MLF oder auch BSA) genannt, ist ein biologischer Prozess, der maßgeblich zur Entwicklung des Geschmacks und der Struktur eines Weins beiträgt. Bei der malolaktischen Gärung (MLF), auch biologischer Säureabbau genannt, wandeln Milchsäurebakterien (LAB) die Apfelsäure in mildere Milchsäure und Kohlendioxid um. Dieser Prozess kann spontan ablaufen oder gezielt durch Zugabe von Bakterienkulturen eingeleitet werden.
Milchsäuregärung bei Rotwein
Bei Rotweinen ist die Milchsäuregärung ein fast unverzichtbarer Schritt. Sie hilft, die oft spürbare Säure der Apfelsäure abzubauen und verleiht dem Wein dadurch eine weichere, harmonischere Struktur. Zudem stabilisiert sie den Wein mikrobiologisch, da die Milchsäurebakterien die Nährstoffe konsumieren, die anderen, unerwünschten Mikroorganismen als Grundlage dienen könnten. Der Verlust der Apfelsäure bringt Wärme und Fülle in den Wein, was bei Rotweinen meist als positiv wahrgenommen wird.
Milchsäuregärung bei Weißwein
Bei Weißweinen ist der Einsatz der Milchsäuregärung stark von der gewünschten Stilistik abhängig. Besonders bei Weißweinen, die im Barrique ausgebaut werden – wie etwa Chardonnay –, ist die Milchsäuregärung häufig Teil des Prozesses.
Vorteile der Milchsäuregärung beim Weißwein:
- Milderung der Säure: Weißweine aus kühlen Regionen oder Jahrgängen mit hohem Säuregehalt profitieren oft von der Milchsäuregärung, da sie die Säure spürbar reduziert und den Wein zugänglicher macht.
- Aromatische Komplexität: Durch den Prozess können sich zusätzliche Aromen entwickeln, wie Noten von Butter, Sahne oder nussigen Nuancen, die besonders bei Chardonnay beliebt sind.
- Stabilität: Ähnlich wie bei Rotweinen wird der Wein mikrobiologisch stabiler, was die Haltbarkeit verbessert.
Nachteile der Milchsäuregärung im Weißwein:
- Verlust von Frische: Die lebendige, spritzige Säure, die viele Weißweine auszeichnet, kann durch die Milchsäuregärung verloren gehen. Das Ergebnis ist ein runderer, aber weniger frischer Wein.
- Eingrenzung der Stilistik: Sorten wie Riesling oder Sauvignon Blanc, die für ihre knackige Säure und ihre fruchtig-aromatischen Profile geschätzt werden, können durch die Milchsäuregärung an Typizität verlieren.
- Bei der Milchsäuregärung können auch Fehlnoten entstehen. Eine unkontrollierte Milchsäuregärung kann Aromen wie Essigsäure (stechend sauer), Buttersäure (ranzig) oder Mäuseln (unangenehm nussig/erdig) hervorrufen. Diese Aromen sind schwer zu korrigieren und können den Wein ungenießbar machen. Ebenfalls können Böckser entstehen, diese Schwefelverbindungen, die durch den Stoffwechsel der Bakterien entstehen, können unangenehme Gerüche wie faulen Kohl oder faule Eier hervorrufen.
Apfel- oder Milchsäure?
Die Milchsäuregärung ist ein vielseitiges Werkzeug in der Weinbereitung, das bei Weißweinen, insbesondere solchen aus dem Barrique, gezielt für mehr Komplexität und Harmonie eingesetzt wird. Während sie bei Rotweinen fast obligatorisch ist, bietet sie bei Weißweinen Raum für stilistische Entscheidungen: Soll die frische Säure betont oder ein runder, cremiger Charakter angestrebt werden? Diese Abwägung hängt von der Rebsorte, dem Ausbau und der gewünschten Stilistik ab – und letztlich von der Vision des Winzers.